Rezeptblog

Nicht schon wieder ein Blog!

Blogs sind im Internet verbreitet wie Sand am Meer. Wozu braucht eine Arztpraxis einen eigenen Blog? Nun auf dieser Seite wollen wir Ihnen in losen Abständen ein paar Einblicke hinter die Kulissen ermöglichen. Nicht immer objektiv und ernst, aber hoffentlich mit etwas Augenzwinkern werden wir die Realität unserer Arbeit darstellen, die so stark von dem Klischee und den allseits beliebten Arztserien im TV abweicht. Medizinische Ratschläge werden hier nicht gegeben, lassen sie sich einfach überraschen.

Bleiben Sie gesund!


 

Deutsche Großprojekte rühmen sich mittlerweile ja einer gewissen internationalen Berühmtheit: Der Hauptstadtflughafen, Stuttgart 21 und die Elbphilharmonie sind auch über die Landesgrenzen bekannt. Doch schlimmer geht ja bekanntlich immer: Seit über 20 Jahren wird versucht, die Digitalisierung in das Gesundheitssystem einzuführen. Zahlreiche Pleiten , Pech und Pannen haben dazu geführt, dass dieser Versuch zu einer gigantischen Geldvernichtungsmaschiene mutiert ist. Über eine Milliarde Euro (die genaue Zahl konnte ich leider nicht ermitteln) wurden eingesetzt, ohne das etwas wirklich Funktionsfähiges erreicht worden wäre. Gut, wir übermitteln die Arbeitsunfähigkeiten jetzt digital, aber das war es dann auch schon. Da es sich hier schließlich um Ihre Steuergelder handelt, ist meiner Meinung nach Zeit, sich für diese Großzügigkeit Ihrerseit zu bedanken!.

Warum nicht einfach ein schon vorhandenes , funktionierendes System wie in den skandinavischen Ländern übernommen worden ist, wissen vermutlich nur die (selbsternannten) Experten. Jetzt soll aber alles besser werden: Ab dem nächsten Jahr wird der Einsatz einfach befohlen; Elektronische Patientenakte, elektronisches Rezept, alles soll dann funktionieren. In Anbetracht der Unzuverlässigkeit der wenigen jetzt schon laufenden digitalen Anwendungen bin ich etwas skeptisch: Vielleicht werden Sie ihr e Rezept ohne Papier in der Apotheke abholen und erhalten dann die Auskunft "Tut uns leid, der Server ist unten/ der Konnektor funktioniert nicht/ die Leitung ist gestört" oder "ist die Tablette gegen Hundestaupe wirklich für Sie?" ;-)

Also, bleiben Sie besser gesund!

... na schauen wir mal. Nachdem "Ihr Kinderlein kommet" von einem harmlosen Weihnachtslied zur Horrorversion der überlasteten Kinderkliniken wurde, wird jetzt alles besser! Zumindest wenn man unserem Gesundheitsminister glauben darf. Endlich wieder genug Medikamente in den Apotheken, keine monatelangen Wartezeiten auf Arzttermine, keine überfüllten Sprechstunden, denn nichts weniger als eine "Revolution" im Gesundheitswesen wird uns versprochen. Diese ist auch dringend notwendig, denn alle Insider in diesem System wissen, dass es so nicht weiter gehen kann. Leider befürchte ich, dass Herr Lauterbach unter Revolution etwas anderes versteht als ich. Aber wie heißt es so schön: "Die Hoffung stirbt zuletzt" (und wenn sie im deutschen Gesundheitswesen behandelt wird, vielleicht ein bischen schneller). Also:

  Bleiben Sie gesund!

(das kann doch wohn nicht wahr sein!). Tja, da sind wir jetzt in der 4. Welle. Wollen Sie wirklich wissen, wie es so hinter den Kulissen einer Arztpraxis aussieht? Nun, langsam sind wir etwas erschöpft und genervt. Das Virus alleine ist ja schon schlimm genung, aber das Chaos was unsere gewählten Volksvertreter anrichten toppt wirklich alles: Mal wird eindringlich zu Impfungen aufgerufen, dann wieder Impfstoff nicht ausgeliefert, gleichzeitig werden drei verschiedene Impfschemata veröffentlich, in dem unser Gesundheitsminister mal eben alle Fachgremien ungefragt überstimmt. Eine epidemische Lage wird zu Zeitpunkt der schlimmsten Welle aufgehoben, und alle warnen, warnen warnen ohne wirklich etwas zu tun. Den Schlamassel dürfen dann wieder die Ärzte, Pflegekräfte und MFA`s ausbaden. Wir versuchen wirklich alles um die notwendigen Impfungen sicherzustellen, doch unsere E-mails quellen über, das Telefon ist dauerbesetzt und die Sprechstunde wird durch immer die gleichen Fragen ausgebremst. Natürlich ist die Verunsicherung groß, kein Wunder bei der Informationspolitik, aber es ist eine Herkulesaufgabe all die widersprüchlichen Informationen zu entwirren. Sehen Sie es uns also bitte nach wenn auch wir manchmal etwas genervt sind: Auch wir sind nur Menschen!

Bleiben Sie gesund!

 

Die zweite Welle (Coronavirus Part II)

Rückblickend kann man sagen, 2020 war nicht unbedingt das beste Jahr. Inzwischen ist der Mangel an Schutzausstattungen kein Thema mehr. Corona- Abstriche und -Schnelltestes sind zu einer beunruhigenden Routine geworden. An Maske und Co. hat man sich so sehr gewöhnt, dass sogar komische Situationen entstehen (..versuchen Sie mal einen Kaffee zu trinken und vergessen die Maske abzusetzten). Alle arbeiten daran die Pandemie in den Griff zu bekommen. Alle? nun nicht unbedingt. Ich will gar nicht auf die querdenkenden Mitbürger anspielen, in der Praxis gibt es einen ganz anderen Gegner: Die Bürokratie. Während sonst überall nach Lösungen gesucht wird, wird unser Team mit immer mehr Abrechungsrichtlienien bombadiert. Ständig werden Ziffern und Vorschriften verändert, selbst wir müssen manchmal nachschlagen, wer wann, wie und unter welchen Bedingungen getestet werden darf. Das korrekte Vorgehen ist natürlich gaaanz wichtig und darf auch in einer Pandemie nicht vereinfacht werden (wo kämen wir denn auch hin, wenn die Realität bedeutender wäre als die Vorschrift). Deswegen mein Vorschlag: Verbietet Corona doch einfach !, gegen die deutsche Bürokratie wird ein so kleines Virus doch nicht ankommen können. In diesem Sinne:

Bleiben Sie besser gesund ;-)

 

Zur Zeit werden wir all-abendlich von Experten und solchen die es gerne wären im Fernsehen mit Informationen überhäuft. Aber wie sieht denn der Einsatz an "der vordersten Front" (Orginalton ARD) in der Praxis wirklich aus? Nun, vor allem: Ruhig. Natürlich haben auch wir Abstandszonen, Anhust- und Mundschutz beim Blutabnehmen, aber Angst und Hektik werden Sie bei uns nicht finden. Wenn wir, die wir den ganzen Tag mit Viren und Bakterien beschossen werden keine Panik verspüren, sollte es auch sonst keiner. Zur Zeit fühlt es sich eher ein bisschen an wie die Ruhe vor dem Sturm: Wir bereiten uns vor auf das was da noch kommt. Hier liegt aber auch unser größtes Problem: Es fehlt an allem: Masken,Desinfektionsmittel, Schutzanzüge- und Brillen, nichts wurde ausreichend zur Verfügung gestellt. Lediglich unserer privaten Planung und zum Teil abenteuerlichen Beschaffung verdanken wir es, das wir überhaupt noch arbeiten können.

In einem System in dem bisher Beitragsstabilität (in meinen Augen ein anderes Wort für Geiz) zur Maxime erhoben wurde, ist es nicht erstaunlich , dass Medikamente und Schutzausstattungen lieber zu Dumpingpreisen in Asien gefertigt werden als einen europäischen Mindestlohn zu bezahlen. Nur ist Geiz leider nicht immer geil und wir erleben nun, was es bedeutet von Anderen abhängig zu sein. Aber es gibt auch positives: Eine Welle der Hilfsbereitschaft überzieht das Land. Wir bekommen Obstkörbe, Schokolade, ja sogar Desifektionmittel  ;-) gespendet. Masken werde genäht und sich um Nachbarn gekümmert.

In diesem Sinne: Halten Sie durch und bleiben Sie gesund

... wie gerne würde ich die manchmal verschreiben. Es ist schon erschreckend, wie oft Hektik und ständige Erreichbarkeit uns krank machen. Doch jetzt habe ich die Lösung: Werden Sie O2 Telefon- Kunde!

Ich bin ein bekennder Fan der kalten Jahreszeit. Regen, Wind , Schnee und Kälte können mich nicht schrecken. Freunde und Familie können das nicht nachvollziehen, doch ich bin in guter Gesellschaft:

Es ist wieder soweit, die neue Woche beginnt und im Wartezimmer sammeln sich bereits die ersten Patienten. Voller Elan starte ich den Computer, fahre das Progamm hoch und warte und warte und warte... Wer offensichtlich noch nicht aus dem Wochenende zurückgekehrt ist, ist der Server. Kein freundlicher Startbildschirm, keine digitale Patientenakte, nur ein eingefrorenes Bild. Mir bricht der Schweiß aus: In einer papierlosen Praxis geht ohne Computer nichts: Keine Überweisung, kein Rezept, keine Therapie. Frustriert drücke ich probeweise auf ein paar Tasten, worauf sich ein heiterer Dialog mit dem Programm entwickelt:

C: Das Programm kann nicht ausgeführt werden, weil Zeus. main.exe beschädigt ist. Bitte beenden Sie Zeus main.exe.

O.k., mach ich

C: Zeus main.exe. kann nicht beendet werden, weil Zeus.main.exe beschädigt ist. Bitte beenden sie Zeus main.exe.

???

Ich ahnte schon immer, dass Programmierer einen ganz besonderen Humor haben müssen!. Was der alte griechische Gottvater mit Medizin zu tun hat ist mir auch nicht klar. Frustriert schalte ich das ganze Ding einfach aus. War natürlich auch schon wieder falsch, jetzt lehnt der Rechner jeden Kontakt zu mir ab.

O.k. jetzt muß die Hotline ran: Per Fernsteuerung werden in Windeseile die Dateien neu sortiert und eine "Umleitung" erstellt (und ich dachte sowas gäbe es nur im Straßenverkehr). Plötzlich läuft alles: Kopien von Befunden vor 4 Jahren?- ein Klick, ein Wiederholungsrezept?- Keine 3 Sekunden. Meine Woche ist gerettet!

Wenn Sie sich also mal fragen sollten, warum so merkwürdige Flüche aus einem Arztzimmer kommen und es in der Behandlung nicht weiter geht: Keine Panik, wir kämpfen vermutlich nur mal wieder mit den alten griechischen Göttern ;-)

Bleiben Sie gesund,

ERW

Unterkategorien

Zum Seitenanfang